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historisches

Selbst elementare Spielregeln sind nicht in Stein gemeißelt. Das illustriert ein am 24.05. auf der französischen Plattform „boulistenaute.com“ erschienener Artikel von Lionel Zanet am Beispiel des Tête-à-Tête. Der Oldenbouler Jens Scherf hat seine Übersetzung des Textes hier zur Verfügung gestellt.


Tête-à-Tête: 3 Kugeln… oder mehr?

Kleine Geschichte einer Regel in Bewegung (1935 - 2010)

In dieser kurzen historischen Studie konzentrieren wir uns auf die Entwicklung der Anzahl der erlaubten Kugeln im Tête-à-Tête, einer emblematischen Regel der Pétanque, die je nach Epoche, Verband und Spielpraxis verschiedene Varianten durchlaufen hat. Obwohl sich dasDrei-Kugel-Format im Laufe der Zeit etabliert hat, stellt sich die Frage, ob es sich nochweiterentwickeln kann.

1935: Die Anfänge eines sich wandelnden Spiels

Unter der Schirmherrschaft der Boule Fédérale wurde Tête-à-Tête bereits mit drei Kugelnpro Spieler gespielt. Auch Doublettes, Triplettes und sogar Quadrettes mit zwei Kugeln waren üblich. Gespielt wurde bis 12, 15 oder 21 Punkte mit eisenbeschlagenen Holzkugeln, manchmal auch mit Metallkugeln. Die Wurfweiten variierten zwischen 3 und 9 Metern und lagen damit weit entfernt von heutigen Standards.

1952–1959: Die FFBJP standardisiert

Die FFBJP etablierte schrittweise die Regeln: Die Spieldistanzen wurden auf 5–10 m erhöht, 1957 dann auf 6–10 m (bis heute gültig). 1959 wurden eisenbeschlagene Holzkugeln verboten und die FFPJP gegründet. Zu dieser Zeit wurde das Doublette auf 3 Kugeln erhöht, und das Tête-à-Tête wurde dem Ermessen der Organisatoren überlassen: 3 Kugeln oder mehr.

1962–1963: Die Szene wird international

Die FIPJP (Internationaler Verband) beginnt einzugreifen. Sie reguliert die Härte der Kugeln und legt die Standard-Spielfeldgröße auf 5 x 15 Meter fest, die Entscheidungsfreiheit über die Anzahl der Kugeln im Tête-à-Tête bleibt jedoch.

1970–1973: Auf dem Weg zur Standardisierung … aber immer noch Wahlmöglichkeiten

Die FFPJP genehmigte daraufhin das Tête-à-Tête mit 3 oder 4 Kugeln und standardisierte dabei Durchmesser (7,05 bis 8 cm) und Gewicht (620 bis 800 g). Gespielt wurde in der Regel bis 13 Punkte.

1972: Einführung der 3 Kugeln

1972 etablierte die FIPJP offiziell das Drei-Kugel-Format für das Tête-à-Tête. Diese Entscheidung legte den Grundstein für das heutige Wettkampfformat mit internationaler Reichweite. Die Punktzahl betrug je nach Disziplin 13 oder 15 Punkte.

1974 und danach: Spielfeld und Gewicht standardisiert

Das Spielfeld wurde auf 15 x 4 m festgelegt, und 1984 wurde das Gewicht der Kugeln endgültig auf 650 bis 800 Gramm begrenzt.

Was wäre, wenn Tête-à-Tête ein Erprobungsraum bliebe?

Seit 1972 ist die Drei-Kugel-Regel zur Norm geworden. Doch eine Norm ist kein Selbstzweck. Einige Wettbewerbe wagten es, gelegentlich auf 4 Kugeln zurückzugreifen, um das Spielvolumen wiederherzustellen und zusätzliche Strategien zu entwickeln. Wir denken an die „Odyssée des Champions“ in Montpellier 2019 mit einem unvergesslichen Finale zwischen Le Boursicaud und Rocher. 2022 dann ein ebenso bedeutendes Duell: Suchaud und Hatchadourian. Zwei Beispiele, die zeigen, dass man auch ohne Regelverstöße experimentieren, sich anpassen und mutig sein kann.

Die Norm ... aber keine Unumstößlichlichkeit

Ja, das Drei-Kugel-Tête-à-Tête ist mittlerweile Standard. Das schließt aber andere gelegentliche Formate, angepasst an Wettbewerbe, Shows oder Experimente, nicht aus. Ausprobieren, neu entdecken und weiterentwickeln – das ist auch die Geschichte der Pétanque, einem lebendigen Spiel, das immer wieder für Überraschungen sorgt.

Quelle: boulistenaute.com - 25.04.2025